Bleiben oder gehen? Das war die große Frage, mit der ich mich gegen Ende meiner Zeit als Verlagsleiter bei einem großen deutschen Verlag, der in Russland über 80 Zeitschriften produzierte und verkaufte, oft quälte.
Alles lief bestens. Alle Attribute eines guten Lebens waren vorhanden. Wir lebten damals zu viert in einer kleinen Gated Community am nördlichen Stadtrand von Moskau. Und genau dort stand ich abends oft grübelnd vor dem Fenster und suchte nach Antworten im Himmel über der Stadt, die ich schon als Student in mein Herz geschlossen hatte.
Bleiben oder gehen?
Und die einzige Antwort, die ich immer wieder fand, war: Bleiben, vorerst.
Doch die Frage blieb ebenso. Also begann ich Bücher zu lesen, z.B. über das Thema Auszeit. Ich erinnere mich noch genau an den Punkt, wo der Autor behauptete: Wenn du glaubst, dass du erst noch Betrag x verdienen musst, um dir eine Auszeit leisten zu können, irrst du!
Ich hielt ihn für verrückt! Der hatte ja gut reden! Ich musste doch meine damals vierköpfige Familie versorgen...
Ich entschied mich, weiter zu machen. Bleiben.
Heute kann ich schmunzelnd auf diese Zeit zurückblicken: heute weiß ich, dass ich damals mindestens zwei gängigen Denkfehlern aufgesessen bin: 1. dem Confirmation Bias und 2. dem Sunk Cost Fallacy.
Erstens habe ich auf die Welt durch meine Verlagsleiterbrille gesehen und alles andere ausgeblendet. Neue, höchst interessante Informationen über mögliche alternative
Lebenswege habe ich daher gar nicht für mich in Betracht gezogen, ja, als unmöglich abgestempelt. Im Gegenteil habe ich immer wieder die Bestätigung meiner Sicht der Dinge gesucht, z.B. im Gespräch mit Kollegen. Mit dem Fazit: "Ich bin ganz meiner Meinung..."
Zweitens habe ich mir mit Blick auf meine bis dato erfolgreiche Karriere als Quereinsteiger ins Verlagsgeschäft gesagt: "Jetzt machst du das schon so lang und hast so viel Energie da rein gesteckt – da wäre es doch ein Jammer, das aufzugeben. Jetzt, wo es so gut läuft!"
Zwei Denkfehler, die mich weiter in meiner Komfortzone schmoren ließen. Zumindest so lange, bis dann von außen der Impuls kam (Wechsel der Geschäftsführung). Und ich mich tatsächlich nicht einmal acht Monate nach der Lektüre des Auszeit-Buches unverhofft in einer solchen wiederfand – und dem Autor Recht geben musste... Es ging!
Vor einiger Zeit fielen mir dann ein paar Bücher in die Hände, in denen über hundert von Psychologen erforschte Denkfehler prägnant beschrieben sind. Spannend ist, dass wir selbst nach der Lektüre solcher Bücher weiterhin dazu neigen, solche Fehler zu begehen!
Daher habe ich mich entschlossen, die wesentlichen Punkte daraus in einem Programm zusammenzufassen und das durchaus anstrengende Nachdenken mit der kreativen Methode der Neurographik zu kombinieren.
Dabei ist der Entscheidungs-Checker entstanden: Ein geführter Zeichen-Prozess, bei dem man sich zunächst potenzielle Denkfehler bewusst macht und zum Abschluss die Ergebnisse in einer Entscheidungskarte zusammenführt. Entscheidung in Schön.
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Die Suche nach der richtigen Entscheidung
Systematisch stellst du dich der Reihe nach wichtigen Fragen, die dich dazu bringen, die Gründe und Umstände der Entscheidung zu beleuchten.
Dabei konfrontierst du dich ebenso mit möglichen Gegenpositionen. Du gewinnst jede Menge von Teileinsichten und triffst zu jeder Frage. Teilentscheidungen, die sich durchaus widersprechen können: Puzzelteile.
Zum Schluss fügst du alle logisch erschlossenen Puzzleteile zu einer Entscheidungskarte zusammen und verschaffst dir einen Überblick, der weit über die einzelnen aufgeworfenen Fragen hinausreicht. Und dir letztlich eine fundierte intuitiv-rationale Entscheidung ermöglicht.
Teilnehmer:innen in meinen Kursen seit 2017
Gerade solche verworrenen Situationen wie z.B. die Corona-Pandemie stellen uns immer wieder vor diese Frage. Wie wir sie beantworten, hat Konsequenzen auf viele weitere Entscheidungen.
Du hast ein interessantes Angebot bekommen. Irgendwie reizt es dich, genauso aber hast du ein mulmiges Gefühl dabei.
Bei größeren Investitionen willst du auf Nummer sicher gehen. Schließlich geht es darum, ob deine Ressourcen dorthin fließen, wo es für dich Sinn macht.
Wo du die meiste Zeit deines alltäglichen Lebens verbringst, ist durchaus eine wichtige Frage.
Daher darf sie gerne mit Herz und Verstand beantwortet werden.
Mit unserer Arbeit beschäftigen wir einen Großteil unserer Zeit. Bist du unzufrieden aber auch gleichzeitig unschlüssig, etwas zu verändern?
Ebensowichtig sind die Menschen, mit denen wir zusammenleben. Lebenspartner und Freunde.
Fühlt sich eine Beziehung nicht (mehr) gut an? Was tun?
Dein Arzt rät dir zu einer Operation, die wesentlich in deinen Körper eingreift. Vor der du aber auch Angst hast. Gut, wenn du dir vor der Entscheidung eine kurze Auszeit nimmst. Und (auch) zeichnest.
Was du heute lernst, wirkt sich auf das aus, was du später erlebst. Ob Studium, Aufbaukurs oder neues Hobby: eine kleine Entscheidung bedeutet hier oft eine Weichenstellung auf Jahre hin...
Du trägst dich mit dem Gedanken, einmal für eine gewisse Zeit etwas ganz anderes zu machen? Hast sogar eine gute Idee, was? Und bist dir aber gleichzeitig sehr unsicher, ob das geht?
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